Fünf Jahre lang stand die Kirchbergerin Dorothee Obst der „Freie Wähler“-Fraktion im Kreistag Zwickau vor. Zum Ende der Wahlperiode zieht sie Bilanz.

Was war in Ihren Augen der größte Erfolg in der Arbeit der Kreistagsfraktion?

Ganz klar unsere Kompetenz bei den Haushaltsverhandlungen. Wir wurden dafür gescholten, dass wir dem Plan des Landrates nicht folgen und die Kreisumlage nicht erhöhen wollten. Das hätte noch mehr Geld aus den Städten und Gemeinden Richtung Landkreis abgezweigt und die Handlungsfähigkeit der Kommunen vor Ort weiter beschnitten. Am Ende wurde die Kreisumlage auf unseren Antrag hin nicht erhöht. Das vom Landrat an die Wand gemalte Horrorszenario einer finanziellen Handlungsunfähigkeit der Landkreisverwaltung trat nicht ein. Das Gegenteil war der Fall: Der Landkreis hat sogar ein Plus erwirtschaftet und die Kommunen konnten mehr Ausgaben nach ihren eigenen Vorstellungen realisieren.

Über welche Entscheidung im Kreistag beziehungsweise seinen Ausschüssen haben Sie sich besonders geärgert?

Über die Entscheidung des Kreistages, die Außenstelle des Berufsschulzentrums für Wirtschaft, Ernährung und Sozialwesen Lichtenstein in Meerane zu schließen, habe ich mich persönlich sehr geärgert. Ich kann die Entscheidung der anderen Fraktionen bis heute nicht nachvollziehen. Wir werden sehen, wie sich die Schülerinnen und Schüler jetzt und in den kommenden Jahren verhalten. Einige werden wir ganz sicher nach Thüringen verlieren, weil ihnen der Weg aus Meerane und Umgebung nach Lichtenstein zu weit ist. Definitiv wird es an den BSZ-Standorten in Lichtenstein, Glauchau und Wilkau-Haßlau jetzt enger. Außerdem hat sich der Landkreis seiner Erweiterungsmöglichkeiten beraubt, wenn die Schülerzahlen weiter steigen – und das in Berufen wie Erzieherin und Erzieher sowie Pflegefachkraft, wo wir dringend Nachwuchs brauchen.

Vor welchen Herausforderungen steht der neue Kreistag?

Über viele Jahre wurde im Landkreis nur verwaltet. Eine Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden hat fast gar nicht stattgefunden. Das sehen wir bei der Digitalisierung, dem Breitbandausbau, der viel zu spät vom Landkreis auf den Weg gebracht wurde, der Wirtschaftsförderung und vielen weiteren Themen.

Gerade jetzt, wo der „Motor der sächsischen Wirtschaft“ ins Stottern gerät, brauchen wir überregionale Konzepte und Zusammenhalt. Auch innovative Ideen sind gefragt, Beratung und Unterstützung beim Klimaschutz, der Wärmeplanung, alternativen Energien usw. Andere Landkreise sind hier besser unterwegs.

Die Verwaltung muss auch Lösungen für den Fachkräftemangel anbieten, der den kleinen Handwerker vor Ort noch viel schlimmer trifft als ein global agierendes Unternehmen. Mit einer guten Fachkräftestrategie könnte man auch dem Lehrermangel oder dem Ärztemangel im ländlichen Raum etwas entgegensetzen. Da werden die Potenziale, die unser Landkreis bietet, leider im Moment brach liegengelassen. Ich hoffe, der neue Kreistag wird das Thema angehen.